Von den Anfängen
Abseits von Straße und Eisenbahn findet man die Kapelle des „Heiligen Kreuzes“ am Weidenbach zwischen der Staustufe Ehreshoven und der Hängebrücke nach Kastor. Pfarrer Heinrich Rottländer, gebürtig aus Ehreshoven, hat die Geschichte dieser Kapelle untersucht und in der Beilage „Unsere Heimat“ zur Bergischen Wacht vom 26.1.1933 veröffentlicht.
Er schreibt:
„Wann die Kapelle gebaut wurde, geht aus den gesammelten Akten nicht hervor. Die älteste Urkunde aus dem Jahre 1638 spricht von einer Stiftung eines Grafen Adolf von Nesselrode und seiner Gemahlin Anna Katharina von Soetem. Diese Stiftung von 2000 Goldgulden war gemacht worden am 26. Juli 1622 zu Gunsten der Bruderschaft vom Heiligen Sakramente an der Franziskaner-Observantenkirche in Köln. Die Summe warf 100 Goldgulden jährliche Zinsen ab, und die sollten nach dem Willen der Stifter verwendet werden zur Anstellung eines Organisten und mehrere Musiker, die bei den Andachten zu Ehren des allerheiligsten Sakramentes zur Erhöhung der Feierlichkeit mitzuwirken hätten. Weil aber die Stifter noch zu ihren Lebzeiten feststellen mussten, dass ihrem Willen gar nicht entsprochen wurde, machten sie von ihrem vorbehaltenen Recht Gebrauch und änderten die Stiftung.
Diese wurde laut oben erwähnter Urkunde von 1633 an die Pfarrkirche in Engelskirchen überwiesen. Da hätte sie denn auch mehr Gutes stiften können als in Köln. Denn, so heißt es in der Urkunde, die Gemeinde Engelskirchen war damals infolge dreier Kriege (Dreißigjähriger Krieg) so verarmt, dass sie nicht einmal einen ständigen Pfarrer unterhalten konnte. Die Stifter bestimmten nun, dass von den 100 Goldgulden Zinsen 60 Goldgulden der Pfarrer in Engelskirchen erhalten sollte. Dafür musste er wöchentlich drei Heilige Messen lesen, außerdem an den Festen des Hl. Adolfus, der Hl. Anna und der Hl. Katharina. Zudem musste er an Sonntagnachmittagen Christenlehre halten, denn die gräflichen Stifter sahen, wie die Jugend der Gemeinde Engelskirchen in damaliger bewegter Zeit ohne jeden Religionsunter-richt heranwuchs. Die restlichen 40 Goldgulden sollten für die Hausarmen von Engelskirchen verwendet werden.
Aus späteren Akten geht nun hervor, dass leider auch diese Bestimmungen nicht durchgeführt wurden. Vielmehr wurden die Zinsen bis zum Jahre 1676 an die Franziskaner in Köln weitergezahlt. Von diesem Jahre an wurden die Zahlungen überhaupt eingestellt und die Stiftung ruhte 73 Jahre lang. Im Jahre 1749 strengten die Franziskaner einen Prozess beim Erzbischof in Köln an gegen die Grafen von Nesselrode, um sie zur Nachzahlung und Weiterzahlung der Stiftung zu zwingen.
Der damalige Besitzer von Ehreshoven, Graf Karl von Nesselrode, verlor den Prozess in Köln, appellierte aber nach Rom. Der Prozeß zog sich hin bis zum Jahr 1760. 1759 hatte Karl von Nesselrode Kraft des in der Urkunde von 1633 den späteren Besitzern von Ehreshoven vorbehaltenen Rechts die Stiftung wiederum umgewandelt und die 2000 Goldgulden auf die Kreuzkapelle in der Weidenbach überwiesen.
Die Konzilskongregation in Rom hatte diese Umänderung nicht gebilligt und zugunsten der Franziskaner in Köln entschieden. 1760 aber bestimmte Papst Clemens XIII., dass die Umänderung zu Recht bestehen sollte. Der Papst konnte sich den Gründen des Grafen nicht verschließen: In Engelskirchen sei sonn- und feiertags nur eine Hl. Messe. Ein großer Teil der Pfarrangehörigen könne aber teils wegen der Hausarbeit, teils auch wegen der weiten und besonders im Winter sehr schlechten Wege den Gottesdienst gar nicht besuchen. So bekämen also viele das Wort Gottes nie zu hören und zumal die Jugend entbehre jeder religiösen Belehrung.
Dann widerrief Papst Clemens XIII. die Entscheidungen der früheren Gerichte und befahl, dass die Umänderung Gültigkeit haben sollte. Jetzt wurde stiftungsgemäß ein Priester in Ehreshoven angestellt. Er erhielt eine Wohnung und bekam die Zinsen von den 2000 Goldgulden. Dafür musste er sonn- und feiertags in der Weidenbachkapelle die Hl. Messe lesen, nach derselben den anwesenden Gläubigen das Evangelium in deutscher Sprache verkünden und eine kurze Predigt halten. Am Nachmittag sodann musste er für die Jugend eine Stunde lang Religionsunterricht in der Kapelle erteilen.
Während der französischen Besatzung
Die gute und segensreiche Einrichtung des Grafen Karl von Nesselrode verfiel indessen schon nach wenigen Jahrzehnten. In den französischen Revolutionskriegen kamen 1794 die kaiserlich-österreichischen Truppen und später die französischen Soldaten nach Ehreshoven. Sie benutzten die Kapelle als Proviantraum und zeitweise auch als Aufenthaltsraum. Dabei wurden Dach, Fenster und Türen zerstört.
Einige Jahre später kam dann ein Verwalter von Ehreshoven auf den Gedanken, in der Kapelle müssten Schätze vergraben sein. Er ließ nun auch noch den Boden bis unter den Altar aufwühlen. Man fand natürlich nichts, ließ aber die Kapelle in dem verwüsteten Zustand liegen. Im Jahre 1804 machte eine Gräfin, Witwe von Nesselrode, deren Name nicht näher bekannt ist, den Versuch, die Stiftung auf die Schlosskapelle herüberzunehmen und stellte einen dahin zielenden Antrag an das Generalvikariat in Köln. Die Sache scheint aber nicht weiter betrieben worden zu sein.
Im preußischen Kaiserreich
Im Jahre 1815, nach den Stürmen der Napoleonischen und der Befreiungskriege kam Graf Franz von Nesselrode in den Besitz von Ehreshoven. Er fand nicht nur die Kapelle in der Weidenbach, sondern auch sein väterliches Schloß in verwüstetem Zustande vor. Er begann sofort mit den Instandsetzungsarbeiten im Schloß und vergaß auch nicht das Kapellchen. Im Sommer 1816 war das Gotteshaus neu hergerichtet, das Dach erneuert, Fenster und Tür eingesetzt, der Boden eingeebnet. Auf dem Altare, der auch zerstört war, wurde ein in Köln gemaltes Kreuzigungsbild angebracht. Auf Befehl des Grafen wurde die Einweihung der entheiligten Kapelle mit größter Feierlichkeit vorgenommen. Sie fand statt am Sonntag, dem 4., August 1816. Am Vorabend dröhnten Salutschüsse aus den Ehreshovener Kanonen, und dann wurde an jeden Armen der Gemeinde Engelskirchen ein Brot und ein Krug Bier ausgegeben. Am nächsten Morgen um 7 Uhr kam der damalige Pfarrer von Engelskirchen, Dechant Michael Herwegh, mit einer Prozession in Ehreshoven an, von Salutschüssen empfangen. Es folgte ein feierliches Hochamt, zelebrierte vom Pfarrer von Hohkeppel. Nach dem Gottesdienst hielt man im Schloße ein Festmahl, und dabei wurde ein Hoch auf die Wiederherstellung der Kapelle ausgebracht.“
Soweit die Ausführungen von Pfarrer Heinrich Rottländer.
Im 20. Jahrhundert
Der folgende Abschnitt wurde verfasst von Heinrich Lüdenbach, veröffentlicht in der Festschrift „100 Jahre Herz-Jesu Kirche.“
Man kann davon ausgehen, dass die Kapelle bis zum Bau der Kirche in Loope im Jahr 1907 bei bestimmten Anlässen für die Pfarrangehörigen des „Unterkirspels“ in Anspruch genommen wurde. Nach dem Bau der Kirche war sie jährliches Ziel einer Prozession mit einer Predigt im Freien. Vermutlich führte auch eine der drei Bittprozessionen vor Christi Himmelfahrt durch die Felder an der Bahn vorbei zu ihr hin.
Nach dem Bau der Stauanlage duckte sich die Kapelle im Schatten des Maschinenhauses und wurde von den Menschen scheinbar vergessen, außer von Vandalen, die sie ausplünderten oder zerstörten. In den 1960er Jahren machte die Stiftsverwaltung den Versuch einer Renovierung. Nachdem sich zeigte, dass die Zerstörungswut der Übeltäter auch vor dem Wiederhergestellten keinen Halt machte, stellte man die Weiterarbeit ein.
Aufwändige erneute Renovierung
Vor einigen Jahren entschloss sich eine Gemeinschaft von Bürgern am Weidenbach in Zusammenarbeit mit Herrn Jörg Deselaers, dem Verwalter von Stift Ehreshoven, zu einer erneuten Renovierung. Viel Arbeit wurde in den folgenden Jahren geleistet. Die Umlage war eine Wüstenei, sie wurde in eine schöne Rasenfläche umgewandelt. Die Außenwände der Kapelle wurden ausgefugt und die Fundamente trockengelegt. Das Dach wurde in Ordnung gebracht, neue Fenster und eine neue Türe eingesetzt und mit Sicherheitsglas gegen Zerstörung gesichert. Innen wurden die Wände ebenfalls ausgefugt und weiß geschlämmt.
Der aus Bruchstein gemauerte Altar wurde überholt, der alte Altarstein wieder aufgelegt und der Fußboden aufwändig erneuert. Als Krönung des Werkes konnte Herr Deselaers ein schönes altes Kreuz beschaffen, welches der Kapelle „des Hl. Kreuzes“ seine frühere Bedeutung zurückgeben konnte. So steht die alte Kapelle nun dank großzügiger Helfer in neuem Glanz.
Die Arbeiten, von denen Herr Paul Heider einen großen Teil übernahm, wurden kostenlos ausgeführt. Alle anfallenden Materialkosten übernahm die Stiftsverwaltung. Schmiedemeister Helmut Schmidt hat mit der Sicherung von Fenstern und Türe einen bedeutenden Anteil beigetragen.
Am 8. Mai 2006 wurde dort mit Vertretern der Rheinischen Ritterschaft, der Familie Deselaers sowie der Nachbarschaft Weidenbach mit Pfarrer Kaiser eine Maiandacht gehalten – der erste Gottesdienst nach vielen, vielen Jahren.
(Christian Stiefelhagen und Heinrich Lüdenbach)
Quellenverzeichnis
- „Loope – Ein Heimatbuch“ (ISBN-13 : 978-3873144736)
- Festschrift „100 Jahre Herz-Jesu Kirche.“
- Privatsammlungen Looper Bürger